Kampf um Jerusalem – Nr. 218
Schon in historischen Zeiten war der Staat der Juden und insbesondere seine Hauptstadt Jerusalem Brennpunkt konkurrierender Mächte. Das war auch der Fall, als die Römer vor über 2000 Jahren Palästina besetzt hatten. Doch auch die Juden untereinander waren sich nicht einig und so gelang es den Römern schließlich unter Kaiser Vespasian und seinem Sohn Titus im Jahr 70 AD, die Stadt und den Tempel nach langer, verlustreicher Belagerung komplett zu zerstören.
Flavius Josephus
Flavius Josephus war in seinem etwa 63-jährigen Leben zunächst jüdischer Priester, dann jüdischer Offizier und schließlich Historiker, dessen Aufzeichnungen für das Verständnis der damaligen Zeit eine große Bedeutung haben.
Geboren wurde er als Joseph ben Mathitjahu in Jerusalem im Jahre 37 n. Chr. Schon in seinen frühen Zwanzigern wurde er nach Rom geschickt, um dort die Freilassung von mehreren politischen Gefangenen zu erreichen. Als er nach erfolgreichem Abschluss dieser Mission nach Jerusalem zurückkehrte, fand er das Reich Juda in Aufruhr gegen die römische Besatzung.
Trotz seiner Vorahnung, dass sich die Juden auf verlorenem Posten befinden würden, übernahm er das Kommando der revolutionären Kräfte in Galiläa. Da die Juden untereinander sehr zerstritten waren, verbrachte er mehr Zeit mit der Vermittlung zwischen den internen Fraktionen als mit dem Kampf gegen die römischen Streitkräfte.
Als er bei der Eroberung der Stadt Jotapata als einziger Überlebender dem römischen General Vespasian in die Hände fiel, wäre er sicherlich am Kreuz gestorben, wenn er nicht dem General die Kaiserkrone des Weltreichs vorausgesagt hätte. Fasziniert von dieser Prophezeiung verschonte Vespasian sein Leben. Als dieser tatsächlich zum Herrscher ausgerufen wurde, erhielt Joseph die römische Staatsbürgerschaft und auch seinen römischen Namen Flavius Josephus, da Kaiser Vespasian aus dem Haus der Flavier stammte.
Im weiteren Kriegsverlaufs, der in der Belagerung Jerusalems mündete, wurde Josephus Berater von Titus, dem Sohn Vespasians. Da er von den Juden als Verräter angesehen wurde und die fanatischen Juden in Jerusalem die Oberhand hatten, konnte Josephus seine Landsleute nicht von der Aussichtslosigkeit ihres Kampfes überzeugen und wurde stattdessen Zeuge des Untergangs Jerusalems und des Heiligen Tempels.
Nach der Zerstörung der Stadt ging Josephus mit Titus nach Rom und verfasste eine Geschichte des jüdischen Volkes und seines Kampfes gegen die vielfältige Fremdherrschaft. Er schrieb die Texte zunächst in seiner Muttersprache Aramäisch, dann aber auch in Altgriechisch, der damaligen Bildungssprache. Leider sind die aramäischen Texte verschollen.
Die Objektivität seiner Arbeit litt natürlich darunter, dass er den flavischen Kaisern schmeicheln wollte oder musste und auch sich selbst in einem vorteilhaften Licht darstellte. Außerdem dienten seine im Römischen Reich weit verbreiteten Texte auch dazu, andere Provinzen zu warnen, sich gegen die Römer aufzulehnen. Trotz dieser Einschränkungen, was die historische Korrektheit anbelangt, gilt sein Werk als eines der Standardwerke römischer und jüdischer Geschichtsschreibung.
Aus religionsgeschichtlicher Sicht bedeutsam ist auch, dass sich in Josephus’ Werk der einzige nicht biblische Hinweis auf die Existenz von Jesus findet. Von seinen jüdischen Landsleuten verachtet oder ignoriert starb Flavius Josephus etwa im Jahre 100 n. Chr. in Rom, ohne seine Heimatstadt Jerusalem je wiedergesehen zu haben.